Betroffen von der Maßnahme sind zunächst ausgewählte Quartiere in den Stadtbezirken: Mitte, Vahrenwald-List, Linden-Limmer, Bothfeld-Vahrenheide, Buchholz-Kleefeld, Misburg-Anderten, Südstadt-Bult, Herrenhausen-Stöcken und Nord.
Diese Quartiere haben Verwaltung und enercity festgelegt, weil sie dicht besiedelt sind und in der Nähe zum vorhandenen Fernwärmenetz liegen. Ziel ist es bis 2032 jährlich rund 6000 Wohnungen und Gewerbeimmobilien anzuschließen.
Laut des Energieversorgers wird deshalb der Gasabsatz beim Unternehmen sinken, was bei den restlichen Kunden zu steigenden Gasnetzkosten führen wird.
Doch was auf den ersten Blick wie ein Schreckensszenario für Eigentümerinnen und Eigentümer aussieht, muss genauer betrachtet werden. Der Entwurf der Fernwärmesatzung sieht zwar keine Ausnahmetatbestände im eigentlichen Sinne vor, aber doch zahlreiche Befreiungsmöglichkeiten vom Anschluss- und Benutzungszwang:
Die Befreiung vom Anschluss- und Benutzungszwang ist unter Verwendung des auf www.hannover.de zum Zeitpunkt der Antragstellung zur Verfügung gestellten Formulars in der dort genannten Form und unter Beifügung von den dort genannten Nachweisen bei der Landeshauptstadt Hannover zu beantragen.
Mit dem Anschluss- und Benutzungszwang einhergehend besteht in den oben genannten Gebieten zugleich auch ein Anschluss- und Benutzungsrecht, sobald die von der Landeshauptstadt Hannover zur Fernwärmeversorgung bestimmten Leistungen betriebsfertig hergestellt sind. Der Anschluss kann allerdings versagt werden, wenn der Anschluss wegen der besonderen Lage oder besonderer Eigenschaften des Grundstücks oder aus sonstigen tatsächlichen oder rechtlichen Gründen unmöglich ist. Dies dürfte beispielsweise in Quartieren der Fall sein, in denen Ein- und Zweifamilienhäuser dominieren. Diese eigenen sich in der Regel nicht für die Erschließung mit Fernwärme, da der Anschlussaufwand und die Netzverluste bezogen auf die Wärmeabnahme zu hoch sind.
Das ist sehr unterschiedlich. In vielen Fällen geschieht sie über ein „Contracting“ mit dem Versorgungsunternehmen. Dieses stellt die notwendige Übergabestation in den Keller und holt sich die Kosten für diese und für die Wartung über den Energiepreis wieder rein. Den Umbau z.B. der Wärmetauscher muss aber der Eigentümer zahlen.
Ansonsten hängen die Kosten u.a. von der Anzahl der Wohnungen im Haus ab und ob eine zentrale oder dezentrale Heizungsanlage vorhanden ist. Die Preise schwanken individuell zwischen 5000 und mehr als 60.000 Euro.
Allerdings gibt es für Eigentümer Fördermöglichkeiten. Der proKlima-Fonds bietet Zuschüsse für Fernwärme-Anschlüsse an, die mit der Bundesförderung für Einzelmaßnahmen (BEG EM) kombinierbar sind. Seit Jahresbeginn ist zudem ein Abschiedsbonus für Gas-Etagenheizungen im proKlima-Angebot, das Wohnungseigentümergemeinschaften den Umstieg auf die Fernwärme erleichtern soll.
Außerdem stellt laut Klimaschutzagentur der Region das Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle (Bafa) eine Förderung für Privatpersonen und WEGs zur Verfügung – sie ist höher, wenn Ölheizungen ausgebaut werden.
Laut Schätzungen von enercity könnte die Fernwärmeversorgung einen Anteil von 40 bis 50 Prozent in der Stadt erreichen. Hannover setze mit der Umstellung auf erneuerbare Energien einen Maßstab für ganz Deutschland.
Eingeführt werden wird die neue Fernwärmesatzung voraussichtlich ab 2023. Sie geht jetzt in die Beratung der politischen Gremien, der Rat wird letztendlich darüber entscheiden. Spannend wird die Frage, ob vor allem die Grünen ihr in dieser Form zustimmen werden oder strengere Vorschriften fordern.
Dr. Mady Beißner/Michael Nicolay